Alle Marketing-Fachleute predigen ständig, dass du auf Facebook und Instagram aktiv werden musst. Denn im Jahr 2019 muss einfach jedes Unternehmen auf Social Media sein. Das haben ja jetzt alle gehört. Dass es von essentieller Bedeutung ist, dort auch privat (also mit der Brille des Unternehmers) unterwegs zu sein, wohl noch nicht. Ich habe es jetzt wirklich schon so oft beobachtet, dass ich die Geschichte heute mal von einer ganz anderen Seite erzählen möchte. Ich verrate dir, warum deine Strategie viel früher beginnen muss – lange bevor du überhaupt über deinen eigenen Social Media-Auftritt nachdenkst. 

Ein Beispiel, bitte!

Gerne! Hier ein Beispiel aus der Gastronomie, das sich aber problemlos auf alle anderen Branchen übertragen lässt:

Wenn ich die Grenzen einer größeren Stadt verlasse, sehe ich schnell, dass dort die Marketing- und Social Media-Uhren noch ganz anders ticken. Und das ist nicht nur schade, sondern geschäftsschädigend.

Manchmal komme ich an diesem Café vorbei, das immer wieder händeringend nach Kunden sucht. Und auch wenn ich keinen Einblick in die Geschäftsbücher dieses Cafés und noch nie mit dem Besitzer gesprochen habe, wissen Marketingleute (wie ich) sofort, dass es diesem Laden nicht gut geht und vermutlich auch nie gut gehen wird, wenn die Betreiber so weitermachen. Woran ich das erkenne? Zwei Beispiele:

1.    Schlechtes Design

Bereits vor der offiziellen Eröffnung ist das Vorhaben zum Scheitern verurteilt. Das sehe ich schon an der neu angebrachten Außenwerbung und den ersten Deko-Elementen, die ich durch das Schaufenster erspähe. Logos und ein Branding, das aussieht, als hätte es jemand in Paint erstellt (und leider ist es auch oft Coral) und Vorhänge aus Omas Zeiten werden niemals funktionieren – es sei denn, du eröffnest absichtlich ein Vintage-Café und dies ist Teil deiner perfektionierten Strategie. Das ist es in diesem Beispiel allerdings nicht. Nicht gerade besonders einladend und definitiv ein Grund, warum ich dort noch nie auf ein Stück Kuchen vorbeigegangen bin.

2.    Ständig wechselnde Speisen und Angebote

Zugegebener Maßen komme ich nur hin und wieder an diesem Café vorbei. Was mich dabei aber immer wieder erstaunt: Jedes Mal, wenn ich am Schaufenster vorbeigehe, gibt es dort ein neues Angebot. Ein Gespräch mit den Bewohnern der Nachbarschaft bestätigt das Gefühl, das mich beschleicht. Hier gibt es keine wechselnde Monatskarte, sondern TÄGLICH neue Angebote. Montags gibt es Pizza, dienstags American Burger und wenn das nicht läuft, gibt es ab Ende der Woche mal ´ne Suppe.

Ein Hilfeschrei, der außen an Schaufenster, Aufstelltafel und Co. klebt – und das nicht in einer hübsch arrangierten Komposition, sondern kreuz und quer, in verschiedenen Schriftarten und -größen und natürlich auch in unterschiedlichen Farben. Damit es auch wirklich jeder mitbekommt. Das versetzt meinem kleinen Design-Herzen einen Stich, aber mal davon abgesehen: Spätestens nach „Christian Rach – der Restauranttester“ müsste jedem klar sein, dass das aus unternehmerischer Sicht keinen Sinn macht – und dabei bin ich nicht mal Gastro-Experte.

 

Eine Strategie ist gefragt!

Das klingt jetzt alles sehr negativ und aussichtslos. Das ist es aber nicht. Das oben sind zwei gute Beispiele, von denen man einiges lernen kann:

 1. Es kommt immer auf den ersten Eindruck an und

2. Solange du kein Konzept hast, wirst du niemals erfolgreich sein.

Und da sprechen wir in diesem Fall noch nicht einmal davon, ob du wirklich kochen oder backen kannst.

 

Finde deinen USP

Weiter in der Story: Gleich neben diesem Café befindet sich seit vielen Jahren ein erfolgreicher Döner-Laden, bei dem es sehr gut schmeckt und bei dem es – natürlich – auch Pizza gibt. Warum soll ich als Kunde also jetzt unbedingt in diesem neuen Café (Bistro, Restaurant – oder was ist es überhaupt?) vorbeigehen und dort eine Pizza bestellen? Hier sind wir beim Stichwort Wettbewerb.

Viele Läden bieten das Gleiche an. Das kann funktionieren, muss es aber nicht. Wie auch immer du dich entscheidest – eine zentrale Frage deiner Strategie sollte lauten: Was ist mein Unique Selling Point (USP)? Was macht mich besonders? Warum sollten Kunden zu mir kommen und nicht beim Döner-Laden bestellen oder gar zum Italiener um die Ecke gehen? Was kann ich besser als andere? Überlege dir außerdem ein Konzept: Möchtest du ein Café, Bistro oder eine Kneipe betreiben? Fokussiere dich und zieh deine Entscheidung durch!

 

Über den Tellerrand schauen

 

Um eine eigene Strategie zu entwickeln, hilft es manchmal, wenn man sich anschaut, was die anderen so machen. Dabei meine ich jetzt nicht den Döner-Laden nebenan, sondern Ladenlokale, die ein ähnliches Konzept verfolgen, wie du es schon im Kopf hast oder bereits betreibst. Bleiben wir beim Beispiel Café:

Erinnere dich an deinen letzten Städtetrip. Welches Café kommt dir sofort in den Sinn? Was hat dir dort besonders gut gefallen? Wie ist der erste Eindruck? Welches Design hat die Einrichtung? Was steht auf der Karte? Schreib dir diese Punkte auf und überlege, wie du sie für dich umsetzen könntest.

(An dieser Stelle kannst du genau so verfahren, egal in welcher Branche du tätig bist.)

 

Trends aus dem Ausland

In Deutschland sind wir, was Trends angeht, immer ziemlich langsam. Dinge, die im Ausland schon lange hip und fast schon wieder oldschool sind, schwappen danach erst zu uns rüber. Es lohnt sich also, mal einen Blick über den eigenen Tellerrand zu werfen und zu schauen, welche Konzepte es in den USA oder zum Beispiel in den Niederlanden gibt. Ich persönlich bin ein großer Fan von holländischen Cafés – schickes Design, wo man hinschaut, einladende Schaufenster und eine tolle Auswahl an Speisen und Getränken. Natürlich kann man nicht immer eine Recherche-Reise auf sich nehmen, um sich Ideen bei den anderen zu holen. Was mich zu der spannenden Frage bringt, wie dir Social Media bei der Inspiration helfen kann.

 

Social Media als Inspiration

Wie ich schon sagte, was im Ausland funktioniert, wird früher oder später auch zu uns kommen. Wie cool wäre es also, wenn du das erste Café in deiner Region bist, das einen neuen Trend anbietet. Das wäre dein USP, mit dem du dich über die Ortsgrenzen hinaus bekannt machen kannst. Manchmal muss man dafür auch gar nicht bis ins Ausland reisen, ein Blick in die nächste Großstadt reicht schon. Oder noch einfacher: Du recherchierst auf Social Media.

 

 Zwei Beispiele, die es anschaulicher machen:

Das Mermaid-Konzept von Mugs and Mermaids Den Haag, Fotos: https://www.instagram.com/mugsandmermaids/ 

Bubble Waffles von New Territories New York, Foto: https://www.instagram.com/newterritoriesny/

Egal, was du nun persönlich von bunt gefärbten Speisen oder übermäßig-kalorienreichen Waffeln hältst, diese Trends funktionieren. Warum? Weil sie „instagrammy“ sind. Diese Speisen und Getränke sind neu und besonders, sie sind hip und lassen sich prima auf Instagram inszenieren. Also genau das, was die junge Generation heute macht. Und das ist gut für dich. Jedes geteilte Foto deiner Besonderheit ist eine kostenlose Empfehlung via Social Media. Die Menschen werden auf dich aufmerksam und mit sehr großer Wahrscheinlichkeit, auch von weiter weg, extra zu dir kommen. Es ist kein Geheimnis, dass Menschen in größere Städte fahren, um dort Dinge auszuprobieren, die es bei ihnen nicht gibt. Wieso diese Besonderheiten also nicht in eine Kleinstadt holen?

 

Nutze Social Media für dich

Du siehst: Alle Trends lassen sich offline und online miteinander verknüpfen. Was im holländischen Café funktioniert, wirst du also über kurz oder lang auch auf Instagram wiederfinden können.

 Deshalb ist es von enormer Bedeutung, dass du

·      als Unternehmer in den sozialen Netzwerken aktiv bist,

·      deine Konkurrenz auch online immer im Auge behältst,

·      weißt, wie man über Hashtags Trends aufspüren kannst,

·      in deiner Branche immer up to date bleibst

·      und verstehst, wie du über Social Media kostenlose Werbung bekommen kannst.

Und da haben wir noch lange nicht bei deinem eigenen Auftritt auf den sozialen Netzwerken angefangen.

 

Hol dir Unterstützung

So ein Konzept erstellt man nicht von heute auf morgen. Es will gut durchdacht sein. Dabei ist eines ganz wichtig: Hol dir Profis ins Boot. Es ist vollkommen okay, dass du als Gastronom (um bei meinem Beispiel zu bleiben) keine Expertise im Bereich Marketing und Social Media hast. Umso wichtiger ist es, dass du nicht versuchst, auch das noch nebenbei irgendwie alleine zu stemmen. Denn Marketing und Social Media macht man nicht mal eben nebenbei, wie du an meinem Beispiel mit dem gruseligen Schaufenster oben siehst. Und noch ein kleiner Tipp am Rande: Lass dir niemals erzählen, dass klassische Werbung (z.B. Flyer oder andere Printmaterialien) genauso auch online funktioniert. Das tut es nämlich nicht.

Um es mit den Worten von Max Frisch zu sagen: „Stillstand ist der (Business-)Tod“ – und deshalb solltest du immer up to date bleiben, egal ob online oder offline.